jeudi 1 mai 2003

EU Richtlinie über Honig

Über die EU Richtlinie 2001/110 über den Honig und deren Umsetzung in die Luxemburger Gesetzgebung über ein Règlement Grand-ducal

Der Begriff „Honig“ ist seit 1974  Europa-weit über eine Verordnung geschützt. Dies war nötig um die Gesetzgebungen der einzelnen Länder der EU auf einen Nenner zu bringen. Diese Verordnung wurde nun am 20. Dezember 2001 durch die Richtlinie 2001/110  ersetzt, angeblich um die vorherige Verordnung zu vereinfachen und anderen Gesetzgebungen (z.B. Etikettierungsbestimmungen) anzupassen.
An sich sollen diese Gesetzgebungen dazu da sein, die Qualität des Honig über möglichst genaue Definitionen zu sichern und Fälschungen aller Art möglichst auszuschließen.

Wo liegt das Problem?

Anstatt die neuesten Erkenntnisse über neue Analysen zur Herkunftsbestimmung mit in die neue Richtlinie einfließen zu lassen, geht man hier praktisch einen Schritt zurück: Über äußerst zweifelhafte Paragraphen wird Fälschern und Pfuschern Tür und Tor geöffnet.

Gefilterter Honig

Ein neuer Begriff – „Gefilterter Honig“ – wird eingeführt und folgendermaßen definiert: „Honig, der gewonnen wird, indem anorganische oder organische Fremdstoffe so entzogen werden, dass Pollen in erheblichem Maße entfernt werden“.
Hier darf man sich eine Frage erlauben: Wie kommen Fremdstoffe denn in den Honig und um welche Fremdstoffe handelt es sich denn hier? Eine Antwort auf diese Frage sucht man in dem Text vergeblich!
Ist nicht eventuell der zweite Teil des Satzes der eigentliche Zweck dieser Begriffsbestimmung? Wurde hier bewusst, über Gesetz, die Möglichkeit geschaffen Pollen aus dem Honig herauszufiltern, um diesen „anonymen“ Honig später erlesenen Honigen in wesentlichem Masse beizufügen? Pollenkörner sind im durchschnittlich rund 50 tausendstel Millimeter klein. Diese können nur industriell, mit Überdruck und unter Hitze herausgefiltert werden.
Das Filtern, von dem hier die Rede ist, darf nicht mit dem Sieben des Honigs, wie es von jedem Imker nach dem Schleudern praktiziert wird, verwechselt werden.

Backhonig

Ein weiteres Manko der neuen Richtlinie ist die Definition von „Backhonig“. Dieser wird als Honig beschrieben der „einen fremden Geschmack oder Geruch aufweisen kann oder in Gärung übergegangen sein (...) oder überhitzt worden sein kann.“ Wiederum sucht man vergebens danach, nach was denn nun dieser Backhonig schmecken und stinken darf! Fragt sich nur welche Honige denn den Brüsseler Technokraten als Vorlage zu dieser Beschreibung dienten...
Als regelrecht skandalös zu bezeichnen ist dann die Tatsache, dass die Richtlinie formell erlaubt, Produkte, welche mit Backhonig hergestellt wurden, unter der Bezeichnung „Honig“ weiter zu vermarkten! Denken Sie daran, wenn Sie nächstens im Supermarkt „Honigkekse“ kaufen möchten... Guten Appetit!

Die Vermutung liegt nahe,

dass die übermächtige Lobby der Ernährungsindustrie die Vorlage zu verschiedenen Textpassagen dieser Richtlinie geliefert hat, um weiterhin saftige Gewinne mit zweifelhaften Produkten zu erwirtschaften.
Die zwielichtige Rolle der EU-Kommission wird deutlich, wenn man weiss, dass das EU-Parlament, am 20. Juni 2001 in einem einstimmig (!) angenommenen Bericht  an die EU-Kommission vorschlägt, den Begriff „Gefilterter Honig“ nicht einzuführen.
Die EU-Kommission setzte sich darüber hinweg.

Ist die neue Richtlinie auch für Luxemburg bindend?

Eine EG-Richtlinie ist eine Art „europäisches Rahmengesetz“. Es verpflichtet den jeweiligen Mitgliedstaat, die EG-Richtlinie innerhalb einer bestimmten Frist, sinngemäß in nationales Recht umzusetzen. Wesentliche Änderungen sind nicht möglich, weil die Richtlinie in allen EU-Ländern die gleiche sein muss!

Wie weit ist die Umsetzung schon fortgeschritten?

Das Gesundheitsministerium hat eine Vorlage zu einem „Règlement Grand-ducal“  ausgearbeitet, und diese den Berufskammern, zwecks Stellungnahme, zukommen gelassen. Die Gutachten der verschiedenen Berufskammern liegen mittlerweile vor:
-    Die "Chambre de Commerce"  hat nichts an der neuen Gesetzgebung zu beanstanden.
-    Die "Chambre d'Agriculture"  trägt den Hauptanliegen der Luxemburger Imker weitgehend Rechnung und verweist auf die Probleme des "gefilterten Honigs" und des "Backhonigs".
-    Die Stellungnahme der "Chambre des Métiers"  verweist klar auf die Gefahren von Fälschungen mit gefiltertem Honig hin und stellt zudem die Frage ob dieser Gesetzestext nicht in Konflikt steht mit den Gesetzgebungen über die Nahrungsmittelsicherheit. Was den Backhonig betrifft, spricht sich die Chambre des Métiers klar und deutlich für ausschließliche Verarbeitung von qualitativ hochwertigen Produkten aus.

Können wir Imker noch etwas gegen diese neue Gesetzgebung unternehmen?

Die FUAL hat am 5. November 2002 den Gesundheitsminister in einem Brief auf die Risiken der neuen Richtlinie aufmerksam gemacht. Wir dürfen uns allerdings nichts vormachen: Die EU-Richtlinie wird voraussichtlich noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Es macht also nicht viel Sinn weiterhin gegen diese Regelung Sturm zu laufen.
Die Luxemburger Imker sollten über diese Richtlinie Bescheid wissen, um Ihren Honig alles Qualitätsprodukt klar gegenüber zweifelhaften Produkten abgrenzen zu können. In dem Sinne könnte diese Richtlinie auch eine günstige Gelegenheit darstellen.

Aufwertung der Marque Nationale?

Das Label der Marque Nationale gibt dem Kunden die Sicherheit, dass dieser Honig ein in Luxemburg geerntetes und geprüftes Qualitätsprodukt ist. Diese Garantie währt allerdings nur solange die Qualität auch einwandfrei (über Analysen) nachweisbar ist. Wäre es nicht jetzt an der Zeit die Kriterien zu überdenken, eventuell zu vervollständigen, sowie den Werdegang von der Kontrolle über die Analysen bis hin zur Bescheinigung für Imker und Verbraucher transparenter zu gestalten?
Denkbar wäre auch eine, gemeinsam mit der Kommission der Marque Nationale, durchgeführte Werbe- und Aufklärungskampagne (z.B. im Rahmen der Honigwoche). Ähnliche Bestrebungen werden z.Z. in Deutschland vom Deutschen Imkerbund vorangetrieben .


Zusammenarbeit mit den Honig verarbeitenden Betrieben?

Alle (guten) Bäcker und Zuckerbäcker verarbeiten Honig. Wir könnten versuchen diese Betriebe zu ermuntern Luxemburger Honig an Stelle von Back- oder Industriehonig zu verarbeiten. Die von Bäckern und Zuckerbäckern verarbeiteten Mengen sind relativ bescheiden. Eventuell höhere Preise für Luxemburger Honig im Vergleich zu billigen Auslandshonigen dürften demnach kein Hindernis darstellen, eher dagegen die Tatsache, dass diese Betriebe am liebsten flüssigen Honig verarbeiten. Gibt es hierfür Lösungen?
Das Verarbeiten von Qualitätshonig zu Qualitätsprodukten ließe sich von beiden Partnern gut vermarkten.

Schlussfolgerung

Wieder zeigt sich, wie mächtig die Lobby der Lebensmittelindustrie ist. Wieder wird dabei der Verbraucher der Leidtragende sein.
Sowohl für Honig als auch für andere (landwirtschaftliche) Erzeugnisse gilt: In einer globalisierten Welt ist das Vertrauen des Verbrauchers in die Ehrlichkeit und Kompetenz des (regionalen) Produzenten der Schlüssel zum Erhalt Produkte erster Güte.
In dem Sinne sollten wir uns verpflichtet sehen, weiterhin alles daran zu setzen die Qualität des Luxemburger Honigs zu erhalten und zu festigen.

Quellennachweis

  • Richtlinie 74/409/CEE, 22.7.1974
  • Richtlinie 2001/110/EG, 20.12.2001
  • Bericht über die Entwürfe von Richtlinien zur Vereinfachung der vertikalen Lebensmittelrichtlinien, EU-PARLAMENT, 20.6.2001
  • Projet de règlement grand-ducal, Ministère de la Santé, 2002
  • Avis de la Chambre de Commerce, 26.8.2002
  • Avis de la Chambre d’Agriculture, 23.10.2002
  • Avis de la Chambre des Métiers, 18.11.2002
  • DIB Mitteilungen, Die Biene, Februar 2003