mercredi 13 avril 2016

Spritzmittel im Raps – Legale Vergiftung von Mensch und Tier!

Sobald ab Mitte April die ersten Blüten in den Rapsfeldern sichtbar werden, ist für mich (leider!) der Zeitpunkt gekommen die Pollenernte einzustellen. Zu gross ist das Risiko, dass eines der wertvollsten Produkte aus dem Bienenvolk mit Insektiziden und Fungiziden belastet würde.

Wie aus den von der Landwirtschaftskammer veröffentlichten Texten zur Pflanzenschutzberatung hervorgeht, werden auch dieses Jahr wieder für die sogenannte „nachhaltige Bekämpfung der Rapsschädlinge“ bis zu 5 Insektizidbehandlungen (darunter die Neonikotinoide Thiacloprid und Acetamiprid) empfohlen. Hinzu kommt dann noch – während der Vollblüte - eine prophylaktische Fungizidbehandlung.

Auch wenn die Beratung über den Rapsanbau von LIST und Landwirtschaftskammer sich in den letzten Jahren positiv entwickelt hat (regelmässige Hinweise auf den Bienenschutz), bleibt es bei der Tatsache, dass alle empfohlenen Insektizide unsere Bienen und andere Bestäuber mehr oder weniger stark schädigen. Die jedem Beratungstext beigefügte Fussnote („und beachten Sie die rechtlichen Schutzauflagen, insbesondere den Bienenschutz“) ist vielleicht gut gemeint, klingt aber eher nach vorauseilendem Ablass.
Für mich unverständlich ist die Tatsache, dass für Thiacloprid (sowie für Acetamiprid) weiterhin die Bienenschutzauflage „B4 - nicht bienengefährlich“ gilt. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gilt hinsichtlich der Wirkung auf Nutzorganismen die Kennzeichnung NN410: „Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen“. Trotzdem darf das Gift Thiacloprid ganz legal auf blühende Felder ausgebracht werden! Warum denken ASTA, LIST und Landwirtschaftskammer nicht vorbeugend und klassieren diese Mittel B1 oder zumindest B2?!

Dabei ist es wahrscheinlich unerheblich ob der Landwirt die Mittel kurz vor oder während der Blüte spritzt: Die Stiftung Ökotest schrieb 2014 über Thiacloprid: „Rückstände des problematischen Insektenvernichtungsmittels fanden sich in allen deutschen Honigen“. In Luxemburg dürfte die Situation kaum anders sein. Dies belegt auch eine Rückstandsanalyse von Rapshonig aus eigener Produktion von 2013, in welchem Thiacloprid (0,019 mg/kg) nachgewiesen wurde.

Die bedenklichen Rückstände im Honig weisen auf eine weitere Unzulänglichkeit hin: Die sogenannten „Wartezeiten“. Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) heisst es: „Die Wartezeiten sind zwischen der letzten Anwendung eines Pflanzenschutzmittels und der Ernte bzw. der frühestmöglichen Nutzung des Erntegutes einzuhalten; sie werden zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier festgelegt.“
Die Wartezeit für Thiacloprid beträgt 30 Tage, diejenige für Acetamiprid („Die Wartezeit ist durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt“) ist noch länger. Raps wird gegen Ende Juli gedroschen, also gut 3 Monate nach dem Anwenden der Insektizide. Den Frühjahrs- oder Rapshonig (also das Erntegut des Imkers) schleudern wir aber schon kurz nach der Rapsblüte, d.h. innerhalb der gesetzlich festgelegten Wartezeiten! Rapshonig wird also ganz legal vergiftet.

Weil Frühjahrshonig beim Kunden aber so beliebt ist, stecken viele Imker hier lieber den Kopf in den Sand als sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen!

Die Giftmischer von Bayer sind sich des Problems aber sehr wohl bewusst! Nicht von ungefähr hat das BVL (wohl auf Vorschlag der Firma Bayer…) eine Erhöhung der Rückstandshöchstmengen von Thiacloprid von 0,05 mg/kg auf 0,2 mg/kg bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beantragt.
Dabei hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) im Jahr 2015 vorgeschlagen, Thiacloprid als krebserregend (Kat.2) und reproduktionstoxisch (Kat.1b) einzustufen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schreibt dazu: „Ein Ausschuss der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) stufte Thiacloprid als stärker reproduktionstoxisch ein als ursprünglich angenommen. Das heißt, dieses Mittel ist nicht nur Gift für Bienen, sondern kann auch bei Menschen die Fortpflanzung beeinträchtigen. Bayer hat daraufhin am 21. August 2015 für acht seiner 19 Produkte für den Heim- und Gartenbereich die Zulassung widerrufen lassen.“
Thiacloprid-Produkte für die Landwirtschaft sind von dem Widerruf nicht betroffen.

Dazu passt ein Zitat vom Journalisten Jacques Kapp bezüglich der „Panama papers“, welches auch hier zutrifft: „Alles wat net explizit verbueden ass, ass erlabt. Moralesch Responsabilitéit spillt keng Roll.“

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samedi 16 janvier 2016

Neonikotinoide und Bienen: Eine weitere Studie bestätigt den Orientierungsverlust der Bienen

Die EU hat die Anwendung von 3 Neonikotinoiden vorübergehend und teilweise verboten. Es ist bisher nur ein Teilverbot, weil es bisher keine klare und belegbare Übereinstimmung zwischen Toxizitätsprüfungen dieser Stoffe im Labor und Versuchen auf freiem Feld gibt. Obwohl Laborversuche die schädlichen Wirkungen von Neonicotinoiden auf Bienen eindeutig aufzeigen, ist es schwierig den Impakt in freier Natur nachzuweisen.
Die Autoren der rezenten Studie "Reconciling laboratory and field assessments of neonicotinoid toxicity to honeybees" über den Einfluss von Rapsfeldern, welche mit dem Neonikotinoid Thiametoxam behandelt waren, wollen diesen Nachweis jetzt erbracht haben.

Die Feld-Studie ist insofern für die Imker interessant, weil auch für Imker sichtbare Symptome beschrieben werden.

Während Einzelhonigbienen (Flugbienen) in der Nähe von mit Thiamethoxam behandelten Feldern tatsächlich schneller verschwinden, vermag das Bienenvolk diesen Verlust durch Änderung des Brutverhaltens zum Teil auszugleichen. Die betroffenen Völker pflegten in der Folge verstärkt Arbeiterinnenbrut, zu Lasten der Aufzucht von Drohnenbrut. Durch diese Kompensierungsmaßnahmen blieben Volksstärke und Honigertrag weitgehend erhalten.
Die Untersuchung der langfristigen Konsequenzen dieser Effekte war nicht Gegenstand der Studie. Die Autoren geben aber zu bedenken, dass die signifikante Änderung vom Verhältnis zwischen Arbeiterinnen-und Drohnenbrut wahrscheinlich einen Einfluss auf die Paarung der Königinnen hat.
Die Drohnenaufzucht der Bienenvölker erreicht in der Regel ihren Höhepunkt während der Rapsblüte. Eine zeitlich verzögerte Aufzucht von Drohnenbrut kann die Paarungserfolge der Königinnen während oder kurz nach der Rapsblüte beeinflussen. Ein solcher Effekt wurde schon vor Jahren bei Hummeln belegt: Eine im Jahr 2013 veröffentlichte Studie von Christoph Sandrock (Vortrag beim Kongress in Echternach 2012!) zeigt den negativen Einfluss einer sublethalen Neonikotinoid Exposition auf den Reproduktionserfolg von Bestäubern.

Neonikotinoide und ihre Metaboliten reichern sich in Boden und Grundwasser an

Die Forscher stellten aber noch etwas Unerwartetes fest: Die Rapsfelder im Einzugsbereich der Bienenvölker waren nur mit Substanz Thiametoxam behandelt. Trotzdem fand man im Nektar ebenfalls Rückstände von Imidacloprid in ähnlich hohen Konzentrationen.
Die Rückstände stammten sowohl von blühenden Kräutern an den Feldrändern, als auch von den Rapsblüten. Weil aber kein Imidacloprid angewendet wurde, wäre die einzige Erklärung die, dass es sich um Imidacloprid von landwirtschaftlichen Kulturen des Vorjahrs handelt, welche sich im Boden angereichert haben.
Diese Studie ist also auch ein Beitrag zur Erklärung von widersprüchlichen Labor- und Feldtoxizitätsprüfungen von Neonikotinoiden und zeigt (wieder einmal), dass die herkömmlichen Risikobewertungsmethoden für Pestizide unzureichend sind.

BEEFIRST Schlussfolgerungen in Frage gestellt?

Auf Luxemburg bezogen, müssen einige Schlussfolgerungen des BEEFIRST Projektes ( „Einfluss von Agrarstruktur und imkerlichen Praktiken auf die Bienengesundheit in Luxemburg“) zumindest kritisch hinterfragt werden. Im BEEFIRST Bericht von 2014 steht geschrieben: „Es gab keinen Zusammenhang zwischen Bienenverlusten und Winterraps“.
Wenn Raps in Rotation mit anderen Kulturen wie Weizen und Gerste angebaut wird und diese Kulturen mit Neonicotinoiden behandelt werden, können die Ackergifte sich im Boden anreichern und über die Rapsblüten wieder von Bienen und anderen Insekten aufgenommen werden. Über diesen Weg können Bienen also gleichzeitig mehreren Pestiziden ausgesetzt sein.
Sind Pestizide immer und überall vorhanden, ergeben Aussagen über den Einfluss einzelner Kulturen auf die Bienenverluste nicht mehr viel Sinn.
Zum Schluss erlaube ich mir Francesco Panella, Präsident von Bee Life (www.beelife.eu) zu zitieren (1.9.2015): „Wir wissen alle, dass Neonikotinoide für Bienen und andere Blütenbestäuber eine grosse Gefahr darstellen, welche die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft gefährdet. Die EU Kommission und die Mitgliedstaaten müssen sämtliche Anwendungen dieser Substanzen verbieten!

Quellen:
Mickaël Henry et al. (2015). Reconciling laboratory and field assessments of neonicotinoid toxicity to honeybees. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. DOI: 10.1098/rspb.2015.2110.
Christoph Sandrock et al. (2013). Sublethal neonicotinoid insecticide exposure reduces solitary bee reproductive success. Agricultural and Forest Entomology (2013), DOI: 10.1111/afe.12041